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Freie Wohlfahrtspflege NRW fordert Politik auf, der Entsolidarisierung entgegenzuwirken
Die massive Zunahme von Leiharbeit geht zu Lasten von Pflegebedürftigen, Pflegekräften und Einrichtungen, warnen die Wohlfahrtsverbände in NRW anlässlich des Tags der Pflege. Die Personalnot treibt in Seniorenzentren, Pflegediensten und Tagespflegen skurrile Blüten. Fehlen Pflegekräfte, müssen diese teuer über Leiharbeitsfirmen eingekauft werden. Schon jetzt kosten Mitarbeitende eines Dienstleisters mindestens das Doppelte von tariflich bezahlten festangestellten Kräften. „Land und Bund müssen Zeitarbeitsfirmen Grenzen setzen, sie dürfen sich nicht länger auf Kosten unserer Gesellschaft bereichern", so Christian Woltering, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW. „Wir fordern eine stärkere Regulierung, Leiharbeit muss wieder auf ihre Kernaufgaben zurückgeführt werden." Der Einsatz müsse begrenzt, die Preise auf vergleichbares Tarifniveau gedeckelt sowie die Beteiligung der Anbieter an den Ausbildungskosten sichergestellt werden.
„Leiharbeit ist nicht nur teuer, sondern entsolidarisiert die Pflege. Die Zeche zahlen am Ende alle, die auf Pflege angewiesen sind“, so Elke Hammer-Kunze, Vorsitzende des Arbeitsausschusses Alter und Pflege der Freien Wohlfahrtspflege NRW. Pflege bedeute die Versorgung und Beziehungsarbeit mit Menschen, 24 Stunden täglich und sieben Tage in der Woche. Die Leiharbeitsfirmen ignorierten diesen Grundauftrag, etwa indem sie ihren Beschäftigten Wunscharbeitszeiten zusagen. „Das führt zu einem Zwei-Klassen-System unter den Mitarbeitenden: Die einen picken die Rosinen und stellen sich bei Arbeitszeiten, Gehalt und Privilegien besser. Und die Stammbelegschaft muss das auffangen, weil sie Schichten tauschen, Pflegedokumentationen machen und ihre Zeit in Beziehungspflege zu den alten Menschen investieren“, so Elke Hammer-Kunze.
Personaldienstleister stellen keine Ausbildungsplätze und die damit verbundenen Ressourcen zur Verfügung. Sie profitieren im Rahmen ihres Geschäftsmodelles von den gut ausgebildeten Fachkräften, deren Ausbildungskosten die Dienste und Einrichtungen getragen haben. „Besonders absurd ist, dass unsere Auszubildenden direkt nach dem Examen von Leiharbeitsfirmen abgeworben werden, um dann an ihren ehemaligen Ausbildungsbetrieb verliehen zu werden“, so Elke Hammer-Kunze.
Hier werde ein Wirtschaftszweig gefördert, der mit Steuergeldern und der Not der Einrichtungen große Gewinne erwirtschafte und den Fachkräftemangel verschärfe, so die Kritik der Wohlfahrtsverbände. „Von den Kitas bis zur Eingliederungshilfe: Betroffen ist längst nicht nur die Pflege, weite Teile der sozialen Arbeit sind gefangen im System der Leiharbeit“, so Christian Woltering. „Die Politik muss den Auswüchsen der Leiharbeit schnellstmöglich einen Riegel vorschieben.“
Hintergrundinfo: Die Freie Wohlfahrtspflege in NRW
In der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW haben sich die Arbeiterwohlfahrt, die Caritas, der Paritätische, das Deutsche Rote Kreuz, die Diakonischen Werke und die Jüdischen Gemeinden mit ihren 16 Spitzenverbänden zusammengeschlossen. Die Freie Wohlfahrtspflege NRW weist auf soziale Missstände hin, initiiert neue soziale Dienste und wirkt an der Sozialgesetzgebung mit. Mit ihren Einrichtungen und Diensten bietet sie eine flächendeckende Infrastruktur der Unterstützung für alle, vor allem aber für benachteiligte und hilfebedürftige Menschen an. Ziel der Arbeit der Freien Wohlfahrtspflege NRW ist die Weiterentwicklung der sozialen Arbeit in Nordrhein-Westfalen und die Sicherung bestehender Angebote.